
Der Prüfungsauftrag der Revision bezieht sich in der Regel auf die Bewertung der bestehenden Unternehmensorganisation. Dazu gehören die Aufbau- und die Ablauforganisation des Unternehmens hinsichtlich der Ordnungsmäßigkeit (Konformität), der Wirksamkeit (Effektivität) und der Wirtschaftlichkeit (Effizienz).
Die Prüfung sollte neben der Einhaltung der definierten Regeln auch die Zweckmäßigkeit, die Angemessenheit, die Wirksamkeit und die Wirtschaftlichkeit umfassen. Zur Prüfung der Unternehmensorganisation gehört daher auch die Bewertung der Geschäftsprozesse. Dies geschieht in der Regel durch sogenannte „Internal Process Audits“.
Michael Schulze Heuling gibt in diesem Gastbeitrag einen Ausblick darauf, was es dabei zu beachten gilt.
Die Ausgangslage: Die Prozesse entziehen sich der Steuerung
Viele Unternehmen haben ihre „Geschäftsprozesse“ oder Teile davon dokumentiert. Es sind in der Regel Arbeitsablauf-Beschreibungen vorhanden, die eine Folge von Tätigkeiten und Verantwortlichkeiten festlegen. Meistens verfügen diese Beschreibungen jedoch nicht über Ziele und Kennzahlen, an denen die Zielerreichung gemessen werden kann.
Damit sind jedoch ausschließlich die Anforderungen zur Ordnungsmäßigkeit (Konformität) erfüllt. Eine Bewertung der Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit hat bisher in den meisten Unternehmen nicht stattgefunden. Auf den Punkt gebracht bedeutet dies: Die Prozesse entziehen sich der Steuerung.
Wenn die Wertschöpfung im Unternehmen verbessert werden soll, werden zwingend prozessbezogene Kennzahlen benötigt, die das aktuelle Geschehen in der Leistungserstellung widerspiegeln und die es der Geschäftsleitung/dem Vorstand ermöglichen, die Unternehmensplanung zeitnah an aktuelle Erfordernisse anzupassen.
Bisher haben nur wenige Unternehmen Instrumente und Methoden entwickelt, um ihre Geschäftsprozesse systematisch nachvollziehbar zu bewerten!
Prozessbewertung anhand von Prozesskennzahlen
Bei der Festlegung der Prozessziele ist darauf zu achten, dass sie einen Bezug zu den strategischen Zielen haben, denn Prozesse und Prozesskennzahlen sind kein Selbstzweck, sondern sollen helfen, die strategischen Ziele zu erreichen.
Nicht alle Kennzahlen, die sich in einem Prozess messen lassen, sind dafür geeignet, den Prozess steuern zu können.
Prozesskennzahlen sind:
- Indikatoren der Prozessleistung
- Nachweis der Prozessbeherrschung und -fähigkeit,
- Auslöser für weitere Optimierungen.
Prozesskennzahlen
- erlauben, den Zielerreichungsgrad der festgelegten Prozessziele festzustellen,
- ermöglichen es, die Einhaltung der Geschäftsstrategie festzustellen,
- werden regelmäßig erhoben.
Für Prozesskennzahlen werden
- Grenzwerte für die Sollwerte festgelegt,
- Schwankungsbreiten der Istwerte ermittelt,
- Zeitreihen aufgebaut,
- Abweichungen zwischen Soll- und Ist-Werten analysiert,
- Vergleiche mit Benchmarkwerten durchgeführt.
Die Aufgabe der Revision in diesem Zusammenhang ist die Prüfung der Zweckmäßigkeit und die Angemessenheit der durch die Prozessverantwortlichen festgelegten Prozesskennzahlen sowie die Erreichung der definierten Ziel- und Grenzwerte.
Durchführung von Prozessaudits
Anlässlich der durchgeführten Prozessaudits sind folgende Fragen zu beantworten:
- Wie stabil sind die Abläufe?
- Welche Fehlerhäufigkeiten entstehen?
- Welche Risiken beeinflussen den Prozess?
- Welche Chancen und Potenziale im Prozess können genutzt werden?
- Welchen Wirkungsgrad hat das interne Kontrollsystem?
- Wie hoch sind die Prozesskosten?
- Wie hoch ist der Nachbearbeitungsaufwand in den Prozessen?
- Wie findet die Steuerung der Angemessenheit der Ressourcen im Prozess statt?
Fragen, die in den meisten Unternehmen bislang eher „gefühlsmäßig“ und geschätzt beantwortet werden. Es liegen kaum konkrete Messergebnisse vor.
Ziel von Prozessaudits ist die Verbesserung der Transparenz durch optimale Information der Beteiligten. Probleme und Fehler sollen offen diskutiert werden, die Ergebnisse sollen auf Basis von Zahlen, Daten und Fakten analysiert werden, damit hinsichtlich der Realisierung der strategischen Ziele die richtigen Entscheidungen getroffen werden können.
Dazu stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung:
- Prozessperformancebewertung (Eigenbewertung durch den Prozessverantwortlichen)
- Auditierung (intern oder extern) einzelner oder aller Prozesse
Bei der Bewertung geht es um die Prüfung der folgenden Faktoren:
- Ordnungsmäßigkeit des Managementsystems (Konformität)
Werden alle Anforderungen erfüllt? - Wirksamkeit des Managementsystems (Effektivität)
Werden die gewünschten Ergebnisse erzielt? - Wirtschaftlichkeit des Managementsystems (Effizienz)
Ist der Aufwand angemessen?
Werkzeug zur Durchführung von Prozessbewertungen und Prozessaudits
Zur Bewertung und Auditierung der Prozessperformance, der Chancen und Risiken und des internen Kontrollsystems im Prozess gibt es ein seit rund 15 Jahren im Einsatz befindliches Werkzeug auf Basis von MS Excel. Mit diesem Werkzeug lassen sich die Geschäftsprozesse systematisch und nach definierten Kriterien nachvollziehbar bewerten und vergleichbar machen.
Bewertung der Prozessperformance
Mit Hilfe des Prozessreports erfolgt eine Bewertung der Prozessperformance durch den Prozessverantwortlichen bezüglich der nachgewiesenen Vorgehensweise und der geforderten Ergebnisse des Geschäftsprozesses. Der Prozessverantwortliche bewertet die nachgewiesene Prozessperformance, die sich zusammensetzt aus gewichteten Bewertungskriterien, die sich auf die Vorgehensweise (Reifegrad) mit 50 Prozent Anteil und die Ergebnisse (Prozessfähigkeit) mit 50 Prozent Anteil beziehen.
Die Vorgehensweise wird bewertet anhand gewichteter Kriterien zu:
- Prozessdokumentation und Voraussetzungen
- Prozesssteuerung und Realisierung
Die Ergebnisse werden bewertet anhand gewichteter Kriterien zu:
- Wirksamkeit
- Wirtschaftlichkeit
Die bewerteten gewichteten Kriterien ergeben in Summe die sogenannte Prozessperformance als einen Wert zwischen 0 und 100 Prozent.

Neben der Prozessperformance bewertet der Prozessverantwortliche auch die operationellen Prozessrisiken sowie die Chancen des jeweiligen Prozesses und die Wirksamkeit des internen Kontrollsystems in den Prozessen.
Alle Bewertungsergebnisse werden im Report für die Prozessverantwortlichen zusammengefasst.
Auditierung des Prozesses (Internal Process Audit)
Zur Verifizierung und Validierung der Selbstbewertungsergebnisse ist eine Fremdbewertung der Prozessperformance in Form eines neutralen Prozessaudits durch ein Auditteam erforderlich, das in der Regel aus zwei Personen besteht, die unabhängig vom Prozess, also nicht prozessbeteiligt (zum Beispiel Revision oder Empfänger der Prozessergebnisse) sind.
Das Prozessaudit findet in Form von Interviews und Nachweisprüfung bei den Prozessverantwortlichen und Prozessbeteiligten statt. Die Erfassung der Bewertungsergebnisse findet ebenfalls im Prozessreport statt und stellt hier im Prozessauditreport das zusammengefasste Ergebnis von Selbstbewertung und Auditergebnis dar.
Die Abweichung zwischen Selbstbewertung und Auditierung wird in einem „Portfolio Prozessperformance“ dargestellt:

Das Auditteam legt ebenfalls Verbesserungsmaßnahmen für den Prozess aus Sicht der Auditoren fest. Diese dienen dann der Optimierung der bewerteten Prozesse. Liegen die Bewertungsergebnisse des Prozessaudits in den Bereichen gelb und rot besteht auch hier die Notwendigkeit zur Festlegung und Umsetzung einer Prozessverbesserungsmaßnahme.
Diese vereinbarte Ziel-Prozessperformance eignet sich auch zur Integration in ein leistungsorientiertes Vergütungssystem.
An weiteren Informationen dazu interessiert? Schauen Sie gerne auf der Website des Autors vorbei: www.Prozessbewertung.info.